Der neue Weltungleichheitsbericht 2022 ist da. In gewohnt eindrücklichen Diagrammen und Zahlen zeigt er, was die Folgen von ausbleibenden Steuerreformen sind: Das reichste Prozent hat seit 1995 ganze 38 Prozent aller Vermögenszuwächse vereinnahmt. Darüber hinaus stellt der Bericht klar: Ungleichheit ist keine Unvermeidbarkeit, sondern eine politische Entscheidung. Während sie seit 1980 in einigen Ländern spektakulär (USA, Russland, Indien) zugenommen hat, ist sie in anderen Regionen deutlich geringer gewachsen (Europa, China).
Auch in Deutschland ist die Ungleichheit laut dem Bericht hoch. Die oberen zehn Prozent verdienen verglichen mit den unteren 50 Prozent im Durchschnitt das 10-fache. Und die vermögendsten zehn Prozent der Bevölkerung besitzen 60 Prozent des gesamten Haushaltsvermögens. Die Vermögensungleichheit befindet sich in Deutschland auf einem ähnlichen Level mit anderen europäischen Ländern wie Frankreich und Großbritannien, ist aber geringer als in den USA.
Die Ampelkoalition verspricht, für Steuergerechtigkeit einzutreten, „gerade auch gegenüber dem globalen Süden“. Jenseits dieses pauschalen Bekenntnisses findet sich im Koalitionsvertrag vor allem beredtes Schweigen – zum Beispiel zur Neuverteilung von Besteuerungsrechten für Unternehmensgewinne (Pillar 1) oder zu einer stärkeren Rolle der UN bei globalen Steuerreformen. Das Global Policy Forum analysiert in einem Briefing die Aussagen des Koalitionsvertrag in Bezug auf die SDGs und die Agenda 2030. Steuergerechtigkeit spielt zur Erreichung der SDGs eine wichtige Rolle, sowohl für Ziel 10 „Ungleichheit verringern“ als auch für Ziel 17 „Umsetzungsmittel und globale Partnerschaft stärken“. Interessanterweise werden laut Briefing die globalen Dimensionen von Ungleichheit im Koalitionsvertrag aber gar nicht erwähnt.