Im Sommer 2022 hat Finanzminister Lindner einen Paradigmenwechsel bei der Geldwäschebekämpfung angekündigt. Er soll die Behörden in die Lage versetzen, auch die großen Fische zu fangen. Im Sommer 2023 war der Umsetzungsvorschlag seines Ministeriums für kurze Zeit im Netz verfügbar. Seitdem wird hinter den Kulissen vor allem über den richtigen Weg verhandelt, mit verdächtigen Vermögensstrukturen umzugehen, bei denen die Behörden bisher schon daran scheitern, einen ausreichenden Anfangsverdacht zu formulieren, um überhaupt mit den Ermittlungen beginnen zu können. Am 29. Januar ging das Gesetzespaket mit der öffentlichen Anhörung im Bundestag auf die Zielgerade. Drei große Hürden liegen aber noch vor ihm:
- Der zentrale Baustein des Gesetzes – die neue Rechtsgrundlage und Einheit für Vermögensermittlungen – war im Regierungsentwurf gar nicht mehr enthalten. Hinter den Kulissen wird weiter intensiv darüber verhandelt.
- Eine Korrektur des Geldwäscheparagrafen, die Steuerhinterziehung wieder als Vortat einschließt (Stichwort “ersparte Aufwendungen”) fehlt ebenfalls im Entwurf.
- Die Rolle des Bundesrats muss noch geklärt werden. Für eine effektive Zusammenarbeit mit den Bundesländern sollten die Steuerbehörden noch umfassender einbezogen werden. Der Bundestag muss die Kritik aus dem Bundesrat ernst nehmen, ohne aber aus Rücksicht auf deren Sorge um Hoheitsrechte Zugeständnisse zu machen, die die geplante neue Behörde unnötig schwächen.
Bei den Punkten 1 und 2 gab es große Einigkeit zwischen den anwesenden Experten und auch zwischen den Fragestellern, vor allem von SPD und Union, dass entsprechende Regelungen dringend nötig sind. Zu Punkt 3 – der Zusammenarbeit der Behörden – plädierten Frank Buckenhofer von der Gewerkschaft der Polizei und die Union dafür, bestehende Behörden und vor allem die gemeinsame Finanzermittlergruppe von Zoll und BKA zu stärken. Die meisten anderen Sachverständigen – einschließlich des Vertreters der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft sahen das anders und unterstützen die im Gesetz vorgesehene neue Behörde. Ein neuer Twist in der alten Debatte: Eine in der Fläche präsente Zollpolizei würde noch viel mehr Kompetenzgerangel verursachen, als eine klar auf internationale und im jetzigen System so gut wie gar nicht bearbeitete, vortatenunabhängige Ermittlungen fokussierte Bundesbehörde.
Weitere Nachrichten:
- Die EU hat sich auf die wichtigsten Teile des Anti-Geldwäschepakets geeinigt. Aus unserer Sicht besonders erfreulich: Das Transparenzregister soll für Journalisten und Zivilgesellschaft wieder europaweit zugänglich werden. Die entsprechende Richtlinie sollte Deutschland möglichst schnell umsetzen. Die größte Aufregung gab es wohl um die neue Bargeldobergrenze von 10.000 Euro, die über den EU-Umweg jetzt auch in Deutschland gilt. Die größte Aufmerksamkeit bekam aber die Entscheidung über den Sitz der neuen Aufsichtsbehörde (AMLA). Sie soll Anfang Februar per Abstimmung erfolgen. Lindner wirbt für Frankfurt am Main. Eher unbemerkt blieb eine andere Neuerung: Die Kommission will große Vermögen von reichen Menschen (ab 50.000 Euro) und Vermögensverwalter (ab 5 Millionen Euro) besser überwachen und Luxusgüter besser erfassen, wie genau steht noch nicht fest.
- Licht und Schatten für den Remmo-Clan: Schon im Dezember hatte das Landgericht Berlin entschieden, dass der Remmo-Clan 6 von 77 sichergestellten Objekte im Wert von 2 Millionen Euro zurückbekommen soll. Die Staatsanwaltschaft hätte laut Gericht nicht ausreichend sicher nachgewiesen, dass die Mittel für den Kauf nicht aus Immobilienverkäufen im Libanon hätten stammen können. Berufung ist eingelegt. Bereits 2020 hatte das Landgericht bei einer anderen Immobilien im Wert von knapp 200.000 Euro anders entschieden und bestätigte jetzt, dass die Familie sofort aus der Immobilien ausziehen muss – auch wenn noch eine Berufung möglich ist.
- Kleiner Erfolg bei OneCoin: Ein Ehepaar und ein Anwalt wurden wegen Beihilfe zum Betrug und Geldwäsche zu insgesamt 13 Jahren Gefängnis verurteilt, von den fehlenden Milliarden wurden immerhin knapp 28 Millionen Euro sichergestellt. Auslöser der Ermittlungen war einem Bericht zufolge eine Geldwäscheverdachtsanzeige der Kreissparkasse Steinfurt.
- Zensus der Briefkastengesellschaften: Seit November 2023 verkauft Moody’s als Teil der Orbis-Datenbank einen Briefkastenindikator. Von den 485 Millionen Firmen in Orbis erfüllen 19 Millionen mindestens eine der sieben red-flags – 5 Millionen aus UK, 3,4 aus China und 1,8 aus den USA. Zahlen für Deutschland gibt es in der Broschüre nicht.
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