Ende Juni herrschte bei den Oligarchenjägern große Freude über einen, nüchtern betrachtet, kleinen Erfolg. Die bayerischen Steuerbehörden hatten einen Immobilieneigentümer gemeldet, der auf der Sanktionsliste steht. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte daraufhin drei Mietwohnungen in München und das Bankkonto, auf dem die monatlich 3.500 Euro Miete landen. So weit, so gut, aber es bleiben Fragen: Warum dauerte es fast drei Monate bis der anscheinend mit eigenem Namen im Grundbuch eingetragene Eigentümer auffiel? Noch immer führen die Grundbücher offensichtlich keinen Datenabgleich durch und auch die Steuerbehörden scheinen das nicht überall zu tun. Und ist der Verstoß gegen Sanktionen schon strafrechtliche Grundlage für die Beschlagnahmung? Die für spektakuläre Wirtschaftsverfahren bekannten Staatsanwälte aus München und andere Rechtsexperten meinen jetzt das ging auch schon nach altem Recht. Und schließlich: War das Konto schon vorher eingefroren oder blieb es bis jetzt unbemerkt? Die Staatsanwaltschaft schweigt dazu.
Anfang Juli vermeldete der Bundesfinanzminister dann eingefrorene Vermögenswerte von etwa 4,5 Milliarden Euro. Zu den zwei Jachten sind noch ein paar große Bankkonten und Unternehmensanteile dazugekommen. Tausende Briefkastengesellschaften verstecken ihr (Immobilien-)Vermögen weiter relativ ungestört. Laut Tagesschau fehlt fast fünf Jahre nach dessen Einrichtung im Transparenzregister immer noch fast die Hälfte der Unternehmen. Von einer systematischen Suche nach ihren Eigentümern ganz zu schweigen. Ein aktueller Bericht der Süddeutschen Zeitung listet weitere Umgehungsmöglichkeiten wie Treuhandkonten von Anwälten, auf denen sanktioniertes Vermögen laut Ermittlern vermischt und unkenntlich gemacht wird, oder bankinterne Transfersysteme an SWIFT vorbei.
Das zweite Sanktionsdurchsetzungsgesetz soll dem demnächst eine schlagkräftige Finanzpolizei entgegensetzen. Die Anmerkung des finanzpolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion zum Tagesschau-Artikel lässt aber auch hier Zweifel aufkommen: Er will das Gesetz auf sanktionierte Personen begrenzen und eine “Schnüffeldatenbank, die sämtliche Vermögenswerte und deren Besitzer unter Generalverdacht stellt”, vermeiden. Wie man dem Briefkasten ansehen soll, ob er zu einem russischen oder deutschen Oligarchen führt, bleibt bis jetzt sein Geheimnis.