Eine neue Studie stellt nun final fest, was wir bereits in einem älteren Blogbeitrag besprochen hatten: Global wachsen die Einkommen seit den 1990er-Jahren zusammen, da (fast alle) Entwicklungs- und Schwellenländer in den letzten Jahrzehnten stärker gewachsen sind als die Industriestaaten im Globalen Norden. China war durch sein Wachstum gemeinsam mit der großen Bevölkerung lange ein Treiber dieses Prozesses, aber es ist klar, dass mittlerweile viele andere Länder nachziehen. Da China nach Jahren des Wachstums lange nicht mehr zu den ärmsten Ländern gehört, hat sein Wachstum auch keinen starken Einfluss mehr auf die globale Einkommensungleichheit. Diese Rolle des großen Treibers muss in Zukunft vom zweitbevölkerungsreichsten Staat der Welt, Indien, übernommen werden. Wie wir auch schon in unserem Blogbeitrag betont hatten: Trotz statistischen Zusammenwachsens gibt es viele Menschen am unteren Ende der globalen Einkommensverteilung, besonders in einigen stagnierenden Ländern Afrikas, deren Einkommen kaum gewachsen sind. Und auch an der Spitze ist kein Zusammenwachsen in Sicht, denn die Superreichen ziehen allen davon.
Vermögensungleichheit ist in Ländern des Globalen Südens oft besonders hoch. Am Extrembeispiel in Bezug auf Ungleichheit, Südafrika, zeigen Aroop Chatterjee, Léo Czajka und Amory Gethin, dass eine Vermögensteuer, die nur das reichste Prozent belastet, signifikante Steuereinnahmen generieren könnte. In Südafrika besitzen die Top 1 % fast 55 % des Gesamtvermögens. Selbst eine moderate progressive Vermögensteuer von 1-3 % könnte angesichts dieser Ungleichheit Einnahmen in Höhe von 1,5 % des BIPs in die Kassen spülen. Für das Szenario einer hohen Vermögensteuer mit 3-9 % könnten die Einnahmen fast die gesamten jährlichen Zinskosten gegenfinanzieren.
Die Unterschiede zwischen Globalem Norden und Globalem Süden bei ihren Maßnahmen gegen Covid und den Folgen, die die Pandemie hat, sind enorm. Armut und Schulden steigen im Globalen Süden stark an. Ignacio Saiz argumentiert: „So wie demokratischer Spielraum eine notwendige Voraussetzung für die Ausübung der Rechte auf bürgerliche und politische Teilhabe ist, so ist finanzpolitischer Spielraum für Staaten unerlässlich, um die materiellen Bedingungen zu schaffen, unter denen die Menschen in Würde leben und ihre wirtschaftlichen und sozialen Rechte in vollem Umfang wahrnehmen können. Die Einschränkung des finanzpolitischen Spielraums in ärmeren Ländern durch die derzeitige Schulden- und Steuerpolitik ist eine systemische Bedrohung der Menschenrechte, insbesondere im Kontext von COVID-19.“ Daher müssen die internationale Schulden- und Steuerpolitik endlich stärker die Einnahmen von Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen in den Fokus nehmen.