Die Löhne in einkommensschwachen Haushalten sind in den letzten Jahren überproportional gestiegen, die Lohnungleichheit sinkt seit 2012. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des DIW. Aber zwei weitere aktuelle Studien zeigen: das ist nicht genug um Ungleichheit wirksam zu bekämpfen. Das Vermögen der Millionäre ist 2021 erneut deutlich schneller gewachsen als das der weniger betuchten Bevölkerung.
Laut DIW-Studie sind Stunden- und Monatslöhne auf Basis von SOEP-Daten zwischen 1995 und 2020 real um mehr als zehn Prozent gestiegen, unter Vollzeitbeschäftigten sogar um etwa 22 Prozent. Zudem hat die Ungleichheit bei Stundenlöhnen seit 2012 deutlich abgenommen und liegt aktuell – allerdings vor den Effekten von Inflation und aktuellen Lohnanpassungen – wieder auf einem Niveau, wie zu Beginn der 2000er Jahre. Dies ist auch der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zu verdanken, erläutert Markus Grabka, Autor der Studie.
Aber der Global Wealth Report der Boston Consulting Group (BCG) sowie der World Wealth Reports der Beratungsgesellschaft Capgemini zeigen: Das weltweite Vermögen ist 2021 um über 10 Prozent gewachsen. Grund dafür: Vor allem der Boom an der Börse angetrieben von hohen Unternehmensgewinnen. In Deutschland spielen außerdem die Wertsteigerungen bei den Immobilien eine große Rolle, so die Autorin der BCG-Studie. Und: die Vermögen wuchsen bei denen am stärksten, die bereits über sehr viel Finanz- und Sachvermögen verfügen, und zwar so stark, wie in keinem der vergangen 20 Jahre. Im Detail: das Vermögen der Personen mit mehr als einer Million US-Dollar hat um 15 Prozent zugenommen und das Vermögen jener mit mehr als 100 Millionen US-Dollar um 16 Prozent. Diese Wachstumsraten sind zwei bis dreimal höher als diejenigen der Vermögensgruppen von unter einer Million US-Dollar Vermögen.
Die Studien verdeutlichen: Für den Vermögenszuwachs sind Lohneinkommen nachrangig. Deshalb kann auch eine positive Lohnentwicklung die wachsende Ungleichheit nicht aufhalten. Das Steuerrecht hingegen könnte der Entwicklung entgegenwirken, begünstigt stattdessen aber die zunehmende Vermögensungleichheit. Große Teile des Vermögens stecken in Betriebsvermögen, Immobilien und Aktien. Vermögensbezogene Steuern sind im Vergleich zu denen auf Arbeitseinkommen jedoch sehr niedrig. Während auf Arbeitseinkommen bis zu 45% Einkommensteuer fällig werden, verlangt das Finanzamt auf Kapitalerträge nur rund 25% Steuern – unabhängig davon, wie hoch diese Erträge sind und auch nur auf realisierte Gewinne. Bei sehr reichen Menschen werden häufig noch weniger Steuern fällig, weil die Aktiengewinne nicht aufs Privatkonto fließen, sondern in einer Kapitalgesellschaft „gespart werden“. Gewinne aus Immobilienverkäufen sind nach 10 Jahren steuerfrei. Die Vermögensteuer ist zudem seit 1997 ausgesetzt und die Erbschaftssteuer auf Großerbschaften ist durch die weitreichenden Befreiungsmöglichkeiten faktisch ebenfalls ausgesetzt.