Der Lange Weg zur Konzernsteuertransparenz – neue Veröffentlichung

Neues TJN-Arbeitspapier: Lobbyismus in der Steuerpolitik: Der lange und steinige Weg der länderbezogenen Berichterstattung (pdf)

Die neuen Erkenntnisse aus den Paradise Papers zum Fall Apple zeigen beispielhaft, wie multinationale Konzerne heute noch immer aggressiv Steuern minimieren und sich trotzdem stolz als größte Steuerzahler bezeichnen können. Nach über vierzig Jahren des Aufstiegs internationaler Konzerne haben heute viele ein größeres Budget als eine lange Reihe von Staaten. Sie sind längst zu Giganten der Weltwirtschaft geworden, eben auch politisch.

Was Apple tut sei legal – das heißt, es entspricht dem Buchstaben der Gesetze einzelner, kleiner Staaten auf die Apple einen großen Einfluss hat; und es entspricht den internationalen Rechnungslegungsstandards, die wiederum von Firmen und Beratern ersonnen worden sind, die von Firmen wie Apple gut dafür bezahlt werden, ihre Interessen zu vertreten. Am Ende stecken kaum aussagekräftige Informationen in den Zahlenwerken.

Jetzt wurde Apple dabei erwischt, wie sich der Konzern gezielt nach Ländern ohne öffentliche Jahresabschlüsse und ohne politische Opposition erkundigt hat. Informationen werden systemisch und gezielt vor den Augen der Öffentlichkeit und den Steuerbehörden verborgen.

Doch es wäre irreführend zu behaupten, dass die deutsche Bundesregierung dagegen einfach nichts unternehmen könne oder schon alles mögliche tue. Tatsache ist, dass die Lösung für dieses Versteckspiel unterschriftsreif auf dem europäischen Verhandlungstisch liegt. Doch die deutsche Bundesregierung wirft ihr ganzes politisches Gewicht dagegen in die Waagschale: öffentliche länderbezogene Konzernbilanzen sollen verhindert werden.

Das gestern veröffentlichte Arbeitspapier zeigt, wie und warum sich Deutschland bis jetzt so sehr dagegen wehrt, und wie die westliche Staatengemeinschaft in bester Manier alter Kanonenbootdiplomatie öffentliche Konzernfinanzdaten schon seit den 1970er Jahren bei den Vereinten Nationen verhindert hat.

Aber zunächst ein paar Zahlen zu unserem Beispiel – Apple verdiente 2017 laut Kapitalflussrechnung USD 64 Milliarden und zahlte darauf knapp USD 11,6 Milliarden Steuern. Außerhalb der USA machte Apple 64% seines Umsatzes und plant dort ungefähr 10% der Steuern ein. Apple sagt, der Großteil der Wertschöpfung findet in den USA statt und deswegen müssten fast alle Gewinne dort besteuert werden – das werden sie aber nur, wenn Apple die Gewinne auch dorthin zurück überweisen würde. Damit aber wartet Apple anscheinend so lange, bis Trump eine Steueramnestie durchsetzt.

Apple sagt in Antwort auf die Paradise Papers auch, sie hätten in Irland (wo die Fäden des europäischen Geschäfts zusammenlaufen) von 2014 bis 2016 immerhin € 1,5 Milliarden und damit 7% des dortigen Körperschaftssteueraufkommens gezahlt. Das ist laut Apple mehr als vor dem Urteil der EU. In Deutschland macht Apple einen Umsatz von mehreren Milliarden und zahlt nur wenige Millionen Steuern – ebenfalls angeblich ganz legal, weil der Gewinn aus dem Verkauf wohl in Irland verbucht und dank einer 2014 eilig beschlossenen Ausnahmeregel anscheinend bis 2020 in Jersey besteuert wird – sehr wahrscheinlich mit dem dortigen Steuersatz von 0%. Die Zahlen, um diese Vermutungen letztgültig zu überprüfen muss Apple bis jetzt nicht veröffentlichen.

Das könnte sich ändern, wenn Deutschland im Europäischen Finanzministerrat endlich seine Blockade aufgeben würde. Denn wenn der Vorschlag des Europaparlaments zur länderbezogenen Berichterstattung in den anstehenden Trilogverhandlungen bei der Mehrheit der europäischen Finanzminister verabschiedet würde, müsste Apple für jedes europäische Land offenlegen, wie viel Umsatz, Gewinn und Steuern dort gebucht werden und wie viel Angestellte und Kapital sich im jeweiligen Land befinden. Dann könnte man deutlich sehen, wie sich Apple in den meisten europäischen Ländern und sehr wahrscheinlich auch in Irland noch arm rechnet.

Dann würde es dem irischen Finanzminister schwerer fallen in seinem Haushaltsgesetz großzügige Ausnahmeregeln im Interesse seines größten Steuerzahlers zu verstecken. Dann könnte auch der bayerische Finanzminister nicht mehr so einfach behaupten, Deutschland (bzw. München) bekomme genug Steuern von Apple. Und dann würde es auch den Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und Anwälten von Apple schwerer fallen, neue Schlupflöcher zu finden. Und vielleicht wäre dann der Druck endlich groß genug für eine echte internationale Reform der Unternehmensbesteuerung.

Anhand einer detaillierten Analyse der Entscheidungsprozesse, der Beteiligten und deren Stellungnahmen zeigt das Arbeitspapier (pdf) wie Steuerberatungskanzleien, die Konzernen wie Apple dabei helfen Steuern zu minimieren, auch dafür gesorgt haben, dass die Veröffentlichungsregeln nach 30 mühevollen Jahren sogar schlechter geworden sind – jetzt trotzdem kurz vor einer entscheidenden Verbesserung stehen. Es fehlt nur noch die Unterschrift…

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