(K)eine Staatshilfe an Lufthansa

Die Idee „keine Staatshilfe an Steueroasen“ findet weltweit breite Unterstützung. Einige Parlamente – z. B. in Dänemark, Schottland, Kanada oder Österreich – machen einen Sitz in Steueroasen bereits zum Ausschlusskriterium bei Staatshilfe. Olaf Scholz scheint das ganz ähnlich zu sehen: „[W]er (…) seinen Firmensitz in einer Steueroase platziert hat, der kann nicht damit rechnen, dass das jetzt die richtige Konstruktion ist, um in einer Krise auch staatliche Mittel und Steuerzahlergeld in Anspruch nehmen zu können. Da sind wir ganz klar.“ Unterstützung bekam diese Idee auch von über 280.000 Bürgerinnen und Bürgern aus Deutschland, die einen entsprechenden Aufruf von Finanzwende und Campact unterzeichnet haben.

Protest gegen Staatshilfe an Lufthansa
Die Lufthansa soll ein Rettungspaket von bis zu 9 Milliarden Euro erhalten - gleichzeitig sind große Personalentlassungen geplant

Weil Covid-19 den Flugverkehr weltweit zum Erliegen gebracht hat, benötigt die Lufthansa als eines der ersten Unternehmen massive Staatshilfe, sonst droht Insolvenz. Nach langen Verhandlungen hatte sich die Bundesregierung auf ein Hilfsangebot verständigt. Auf eine Dividende für 2019 hatten die Lufthansaaktionäre schon vorher verzichtet und als Reaktion auf die öffentliche Diskussion in Tagesschau und SZ vom 1. Mai hatte die Lufthansa zu ihren sechs Tochtergesellschaften in Steueroasen nach EU-Liste ausgewählte Informationen veröffentlicht. Dass diese Veröffentlichung genauso wie die mit den Hilfen verbundenen Bedingungen nicht für wirklich für Transparenz sorgten, lässt sich in der SZ vom 27. und 28. Mai nachlesen.

Für Finanzwende und Campact haben wir uns daher die Steuerpraktiken der Lufthansa genauer angeschaut (hier geht’s zur Fallstudie):

  • Insgesamt besitzt die Fluggesellschaft 92 Tochtergesellschaften in Unternehmenssteueroasen. Auf Malta machte ein Tochterunternehmen mit nur zwei Angestellten fast 200 Millionen Euro Gewinn. Neun weitere maltesische Gesellschaften werden von sechs Angestellten geführt und verwalten mehr als acht Milliarden Euro.
  • Eine Analyse der Steuerzahlungen des Unternehmens verstärken den Verdacht, dass die Tochtergesellschaften in Steueroasen nicht nur operative Geschäftsfelder betreffen – wie die Lufthansa in ihrer Offenlegung behauptet. In den letzten zehn Jahren zahlte die Airline auf einen Gewinn von 15,6 Milliarden Euro nur drei Milliarden Steuern. Das entspricht einer Quote von nur 19,4 Prozent. Zum Vergleich: Der am Konzernsitz in Köln fällige Steuersatz beträgt 32,45 Prozent. Die Steuerpraktiken der Lufthansa sind der Öffentlichkeit nicht unbekannt und führten in der Vergangenheit wiederholt zu hohen Nachzahlungen und gerichtlichen Auseinandersetzungen.
  • Die Einzeleigentümerstruktur legt nahe, dass auch diese ihre Gewinne in Schattenfinanzzentren und Steueroasen verschieben. Nennenswert ist insbesondere Heinz Hermann Thiele, der erst im März in den Konzern eingestiegen ist, sich in der Vergangenheit aber bereits mehrfach gegen staatliche Einflussnahme ausgesprochen hat und selbst aggressive Steueroptimierung betreibt. Zusätzlich sind viele der institutionellen Investoren über die Kaimaninseln oder Delaware strukturiert.

Damit die Öffentlichkeit wirklich erkennen kann, dass die Staatshilfen nicht in Steueroasen landen, forderte das Netzwerk Steuergerechtigkeit erst jüngst die Bundesregierung dazu auf (hier geht es zur Pressemitteilung), endlich den jahrelangen Widerstand gegen verpflichtende Steuertransparenz für Konzerne in der EU aufzugeben. Weitere gute Vorschläge, wie aus dem Slogan mehr als Symbolpolitik wird, macht Tax Watch aus Großbritannien: Neben einer Rückzahlungspflicht, falls Steuerbehörden in Zukunft Steuervermeidung feststellen, fordern sie mehr Kapazitäten für die Steuerbehörden, eine schwarze Liste, um Steuervermeider von Staatsaufträgen ausschließen zu können, und detaillierte öffentliche Daten über die Beihilfen.

Foto Lufthansa: tearbringer, (CC BY-NC 2.0) Foto Protestschild: Campact, (CC BY-NC 2.0)

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Ein Kommentar

  • Die Lufthansa hat jahrelang ihr Geschäftsmodell unverändert zum eigenen Vorteil betrieben, legal aber nicht anständig und ehrlich. Jetzt zeigt sich unter dem Brennglas Corona, wie die Lage tatsächlich ist.
    Eine Stütze aus deutschen Steuergeldern lässt sich nur dann argumentieren, wenn auch andere Finanzämter und deren Staaten sich daran beteiligen, schließlich haben Malta und Co. davon ja jahrelang profitiert. Das ist europäisches Rosinenpicken bei steuerpolitischer und rechtlicher Ahnungs- und Hilflosigkeit oder steckt etwa ein Strategie dahinter…?
    Schon viel zu lange lassen wir uns von Konzernen und multinationalen Unternehmen am Nasenring durch die Manege ziehen (Spenden bei Siemens, Schwarzgeld bei der CDU, Dieselbetrug bei VW, Anleger- und Finanzbetrug bei Wirecard, Apple und amazon erzielen steuerfreie Umsätze in DE seit Jahren, Cum-Ex Steuerbetrug bis heute mit mehr als 30Mrd. EUR direktem Schaden, usw usw …)
    Alles dank Lobbyismus und geduldeter Instransparenz der Politik. Und da sage noch einer wir leben nicht in einer Zweiklassenbananenrepublik. Worauf wollen wir künftig stolz sein, wenn wir keine Überschüsse mehr haben?

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