Neben den Luanda Leaks gibt es zahlreiche weitere Fälle, in denen hohe Millionen- oder sogar Milliardensummen aus afrikanischen Ländern extrahiert werden – Sorgfaltspflichten hin oder her. Denn es finden sich stets Akteure aus dem internationalen Finanzsektor, die laxe Regelungen ausnutzen und lokale Korruption fördern und für ihre Zwecke nutzen.

Geldwäsche und Korruption verringern wichtige Einnahmen für Entwicklungsländer
Durch Geldwäsche und Korruption gehen Ländern des Globalen Südens dringend benötigte Einnahmen für die Armutsbekämpfung verloren

Geld scheffeln im Kongo – Sanktionen zum Trotz

Ein Beispiel ist der Bergbausektor der Demokratischen Republik Kongo. Der israelische Geschäftsmann Dan Gertler ist bekannt mit Kongos (Ex-)Langzeitpräsident Joseph Kabila und hatte über Jahre hinweg eine Monopolstellung im kongolesischen Bergbausektor inne. Die Vergabe von Lizenzrechten an dritte Bergbauunternehmen lief über Gertler, wodurch der Staat systematisch weniger Einnahmen hatte. Es fiel dem Milliardär anscheinend leicht, sich nicht nur über Geldwäschevorschriften, sondern auch 2017 verhängte US-Sanktionen gegen seine Person sowie zahlreiche seiner Firmen hinwegzusetzen. Dazu waren lediglich einige Manipulationen und Verschleierungstaktiken notwendig.

In diesem Fall ließ sich unter anderem die Citigroup düpieren, die 2017 ganze 80 Prozent der internationalen Dollar-Transaktionen des Kongo auf sich vereinte. Andere Banken hatten sich des Geldwäscherisikos wegen aus dem Geschäft zurückgezogen. Citigroup diente als Korrespondenzbank für die kamerunische Afriland First Bank Group, wickelte also für diese lokale Bank internationale Geschäfte ab. Bei Afrilands kongolesischem Ableger wiederum hatten Gertlers Firmen und zahlreiche seiner “Geschäftspartner” ihre Konten. Citigroup selber hatte Gertler ein Konto verweigert. Das hinderte ihn aber nicht daran, über Umwege doch die für seine Geschäfte wichtigen Konten zu erstellen. Denn so genau nimmt man die Sorgfaltspflichten bei Citigroup wohl doch nicht.

Anscheinend hat Gertler (beziehungsweise ein Anwalt namens Patrick Klugman) befreundete Unternehmer aktiviert und organisiert. Nachdem Gertler sich auf der US-Sanktionsliste wiederfand, übernahm dieser Kreis von Gehilfen vorgeblich seine Geschäfte im Kongo. Gelder flossen aus dem Land in europäische Briefkastenfirmen. Darüber hinaus kassiert Gertler durch seine Kontakte zum kongolesischen Staat bis heute direkt und indirekt Millionen von großen Akteuren im Bergbausektor wie etwa dem Schweizer Konzern Glencore. So einfach kann man Sanktionen umgehen – solange viele Stellen im Namen des Profits die Augen verschließen.

Eine Miniatur des Gertler-Netzwerks, mit dem er Sanktionen umgehen konnte (Global Witness und Platform for the Protection of Whistleblowers in Africa, 2020)

Wie in diesen Fällen leider üblich gibt es eine ganze Kette an Menschen und Institutionen, die nachlässig gehandelt haben. Viele davon sitzen im Globalen Norden. Dazu gehören etwa die US-amerikanische Citigroup als Korrespondenzbank von Afriland, der französische Anwalt Klugman, der anscheinend die vorgebliche Übernahme von Geschäften durch Gertlers Bekannte mit-organisiert hat, und der britische Wirtschaftsprüfungs-Gigant PwC, der die kongolesische Afriland-Niederlassung prüfte. Der wegen Korruption 2017 sanktionierte Dan Gertler selbst ist Israeli. Wie schon bei den Luanda Leaks ist der Kern dieser Geschichte nicht Korruption im Globalen Süden, sondern Korruption im globalen Finanzsystem (und dem besonders gefährdeten Rohstoffsektor).

Wie kann die Korruption gestoppt werden? – Entwicklung und globale Verantwortung

Korruption kostet. Gerade Staaten wie die Demokratische Republik Kongo mit einem extrem niedrigen BIP pro Kopf und somit geringen Steuereinnahmen sind auf die Einnahmen aus dem potenziell Gold werten Bergbausektor angewiesen, um einen Sozialstaat aufzubauen.

Es wurden in den letzten Jahren große Fortschritte hin zu Transparenz von Besitzketten erzielt. Immer mehr Staaten etablieren Register von wirtschaftlichen Eigentümern lokaler Rechtseinheiten, zum Beispiel von Bergbaufirmen im Rahmen der Extractive Industries Transparency Initiative. Die Einträge sollen den Behörden und anderen Marktteilnehmern offenlegen, wem Unternehmen ultimativ gehören, wer sie kontrolliert und wer von ihren Geschäften profitiert. Transparenzregister ermöglichen es etwa Banken und Geschäftspartnern sicherzustellen, dass sie nicht mit korrupten Firmen Geschäfte machen.

Staaten mit Gesetzen zur Registrierung wirtschaftlicher Eigentümer (Tax Justice Network, 2020)

Mannigfaltige Probleme verbleiben. Viele Register haben noch große Probleme: Registrierungspflichten werden kaum durchgesetzt und es müssen sich oftmals gar nicht alle Arten von Unternehmen registrieren lassen. Zudem ist es kompliziert, alle Nutznießer einer Rechtseinheit sinnvoll zu erfassen.

Doch solange Unternehmen für eine Laissez-faire-Einstellung nicht gemaßregelt werden, hilft auch Transparenz nicht weiter. PwC hatte in ihrer Prüfung der kongolesischen Afriland-Niederlassung beispielsweise korrekt festgestellt, dass die Bank millionenschwere Geschäfte mit Partnergesellschaften eines von den USA sanktionierten Unternehmens macht. Nur kam es scheinbar niemandem in den Sinn, diese Verstrickungen im Prüfungsbericht zu problematisieren.

Am Ende des Tages müssen wir daher konstatieren: Es braucht einen Kulturwandel im globalen Finanzsystem, der wiederum auf härterem staatlichen Durchgreifen beruhen muss. Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören:

1. Spürbare Konsequenzen für Unternehmen, die ihre Sorgfaltspflichten verletzen sind notwendig – auch und besonders für Banken, die in Korrespondenzbanken-Beziehung mit dubiosen Kleinbanken treten.

2. Besitzketten müssen nachvollziehbar sein, für Behörden, Marktteilnehmer und die Öffentlichkeit. Registrierungspflicht muss für alle Menschen mit Kontrolle und Nutzrechten an Körperschaften gelten, weltweit. Sogar eine gesetzliche Einschränkung der Komplexität von Besitzketten wurde kürzlich in die Debatte eingebracht.

Bezüglich Transparenzregistern müssen sich die EU und insbesondere Deutschland im Übrigen selbst Kritik gefallen lassen. In vielen Ländern gibt es Verspätung bei der Umsetzung der fünften Geldwäsche-Richtlinie. Deutschlands neues Transparenzregister weist zudem große Lücken auf.

 

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Dieser Beitrag basiert auf einem Bericht von Global Witness und Platform for the Protection of Whistleblowers in Africa sowie einem Bloomberg-Artikel.

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