Neue Studie zur Besteuerung von Digitalkonzernen

Die Studie “Digitalkonzerne fair besteuern” im Auftrag von Martin Schirdewan analysiert, wie Digitalkonzerne wie Booking.com, Microsoft und Alphabet den Großteil ihrer Gewinne trotz Bemühungen der OECD und G20 weiter in Steueroasen verschieben und dadurch weniger Steuern zahlen als kleine und mittelständische Unternehmen von nebenan, zeigt, dass die aktuellen Reformen noch nicht zu einer fairen Besteuerung von Digitalkonzerne führen und schlägt Punkte vor, wie sich das ändern könnte.

Übergewinne richtig besteuern

Mit den Geschäftszahlen für das Jahr 2022 analysiert die Studie die tatsächlich realisierten Krisengewinne der Mineralölkonzerne und die Ergebnisse der Krisengewinnsteuer. Sie zeigt: Allein die zehn größten Konzerne haben ihre Gewinne um 320 Milliarden US-Dollar gesteigert. Nur etwa zwei Prozent davon wurde durch die EU-Übergewinnsteuer abgeschöpft. Außerdem analysiert die Studie weitere Branchen mit Übergewinnen (u.a. Banken, Logistik und Auto). Mit einer Übergewinnsteuer, wie diese Studie sie vorschlägt, könnten in Deutschland jährlich bis zu 40 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen werden.

Kriegsgewinne besteuern. Ein Beitrag zur Debatte um Übergewinnsteuern

Die Studie “Kriegsgewinne besteuern. Ein Beitrag zur Debatte um Übergewinnsteuern” analysiert die Preisentwicklung und die Gewinne ausgewählter Mineralölkonzerne und schätzt, wie hoch die Kriegsgewinne weltweit und in Deutschland ausfallen. Sie vergleicht die aktuellen Übergewinnsteuern aus anderen europäischen Ländern, setzt sich mit den Gegenargumenten einer Übergewinnsteuer auseinander und schlägt für Deutschland eine kurzfristige, umsatzbasierte Übergewinnsteuer nach dem Vorbild bestehender Digitalsteuern vor.

(Digital)Unternehmen besteuern, Gewinnverschiebung beenden

Theoretisch werden Unternehmenseinkommen in zwei Stufen besteuert – einmal auf Ebene des Unternehmens und dann bei der Ausschüttung auf Ebene des Eigentümers. Um dafür zu sorgen, dass Unternehmen einen fairen Beitrag zur Gemeinschaft leisten von der sie profitieren und dass die Eigentümer milliardenschwerer Unternehmen genauso Steuern zahlen wie ihre Mitarbeitenden, spielt die Unternehmensteuer eine wichtige Rolle.
 
Das internationale System aus nationalen Steuerregeln, bilateralen Doppelbesteuerungsabkommen und internationalen Standards ist veraltet und ungerecht. Multinationale Konzerne können ihre Gewinne in Steueroasen verschieben und vermeiden dadurch Steuern in den Ländern, in denen sie ihre Gewinne erwirtschaften. Deutschland fehlen dadurch jedes Jahr nach unterschiedlichen Schätzungen 5,7 bis 29,1 Milliarden Euro. Besonders aggressiv sind große US-Unternehmen wie Apple, Google, Amazon oder Facebook mit digitalen Geschäftsmodellen, Patenten, teuren Markennamen und großer Marktmacht. Lokale, kleine und mittelständische Unternehmen können sich, auch aufgrund vergleichsweise höherer Steuern, kaum behaupten.
 
Gleichzeitig sind Staaten durch den schädlichen Wettbewerb um künstlich verschobene Gewinne gezwungen, sich weltweit mit niedrigeren Steuern zu unterbieten. In Deutschland wurde 1998 die stärker an die lokalen Produktionsfaktoren gebundene Gewerbekapitalsteuer abgeschafft und in den Folgejahren der Steuersatz der Körperschaftssteuer und der verbleibenden Gewerbe(ertrag)steuer von 46,1% auf aktuell im Schnitt 29,4% gesenkt.
 
Auf Ebene der EU, der OECD und der UN werden aktuell weitreichende Reformen diskutiert. Eine globale Mindeststeuer soll Steueroasen austrocknen, Besteuerungsrechte sollen fairer verteilt werden und das Steuersystem soll einfacherer und transparenter werden. Auch eine UN-Steuerkonvention soll eingerichtet werden.  Aber der Weg zu einem wirklich fairen System ist lang und voller Widerstände.
 

 

Meilensteine für mehr Steuergerechtigkeit:

  1. Ein effektiver Mindeststeuersatz von 25% auf globaler Ebene und eine faire Verteilung von Besteuerungsrechten
  2. Öffentliche länderbezogene Berichterstattung und zuverlässige aggregierte Statistiken
  3. Nationale Steuersenkungen und Steuergeschenke vermeiden
  4. Eine angemessene Besteuerung von Übergewinnen

 

Arbeitsgruppe

Wenn Sie sich weiter informieren und mit diskutieren wollen, sind Sie herzlich dazu eingeladen sich an unserer Arbeitsgruppe Unternehmensteuern mit derzeit etwa 20 Expert*innen aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu beteiligen. Die Gruppe trifft sich etwa 5 Mal im Jahr per Videokonferenz. Mehr Infos dazu hier.

 
 
 

News zum Thema

 

Blogs zum Thema

Der Steuersatz der Superreichen

Superreiche kommen im deutschen Steuersystem oft besser weg als Normalverdiener. Wir zeigen, wo das Steuerrecht Vermögende bevorzugt.

Publikationen und Pressemitteilungen zum Thema

 

Unterrichtsmaterial Steuergerechtigkeit

Unser neues Unterrichtsmaterial zur Steuergerechtigkeit umfasst 3 Lernvideos, 7 Projektaufgaben, einen Online-Kurs und viele weitere Aufgaben, lässt sich flexibel kombinieren und einsetzen und wächst weiter.

OECD/G20 Unternehmenssteuerreform bleibt hinter Erwartungen zurück

Soeben hat das OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS den aktuellen Verhandlungsstand für eine globale Unternehmenssteuerreform bekannt gegeben. Die Vereinbarung ist ein wichtiger Schritt für mehr Steuergerechtigkeit, enttäuscht aber die Hoffnung auf ein faires und zeitgemäßes Unternehmenssteuersystem.

Nach oben