Offener Brief an Finanzminister Schäuble zur sogenannten Schweizer Dividendenwaschanlage

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit hat heute in einem offenen Brief Finanzminister Schäuble um eine Stellungnahme zur sogenannten Schweizer Dividendenwaschanlage gebeten:
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Sehr geehrter Herr Minister Schäuble,

in einem Bericht von Werner Vontobel, kürzlich erschienen im Makroskop, wird auf eine Schweizer Steuergestaltungsmöglichkeit hingewiesen, die für deutsche Steuerbehörden Einnahmeverluste in Milliardenhöhe verursachen soll. Trotz Bekanntwerden dieser sogenannten „Dividendenwasch­anlage“ habe die Bundesregierung die Regelungslücke bisher nicht geschlossen. In Zeiten von kaputt gesparter öffentlicher Infrastruktur und gestiegener Einkommens- und Vermögensungleichheit er­scheint es uns unverantwortlich, der Möglichkeit für derartige Steuerumgehungen durch Super­reiche keinen Riegel vorzuschieben. Wir bitten Sie daher zu dem genannten Fall Stellung zu nehmen.

Die Dividendenwaschanlage:

Laut Bericht bleiben Dividendenzahlungen von Aktiengesellschaften in Milliardenhöhe unversteuert, weil sie in der Schweiz als „Kapitalrückzahlungen“ uminterpretiert werden. Eine solche Qualifikation ist nach deutschem Steuerrecht nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Die Schweiz habe jedoch mit dem Inkrafttreten der Unternehmensteuerreform im Jahr 2011 die Bestimmungen für die Umqualifikation von Dividenden in steuerbefreite „Kapitalrückzahlungen“ extrem gelockert. Seitdem sei der Betrag der in der Schweiz gemeldeten „Kapitaleinlagereserven“, die für diese Umqualifikation nötig sind, geradezu explodiert. Die Schweiz habe sich damit in eine „globale Dividenden-Waschanlage“ verwandelt, heißt es im Bericht. Es sei davon auszugehen, dass insbesondere deutsche Privatanleger und Unternehmen den Umweg über die Schweiz nutzten, um Steuerzahlungen auf Dividenden zu umgehen bzw. auf nicht absehbare Zeit aufzuschieben.

Eine Regelungslücke?

Da sich einzelne deutsche Landesfinanzverwaltungen weigerten, die Steuerfreiheit der Dividenden aus der Schweiz anzuerkennen, kam es zu vermehrten Rechtsstreitigkeiten, bis schließlich der Bundesfinanzhof im Juli 2016 urteilte, die Steuerumgehungsmöglichkeit sei nach geltender Rechtslage als „legal“ einzustufen. Um diese Steuertricks und die damit verbundenen geschätzten Milliardenmindereinnahmen zu vermeiden, müsste eine entsprechende deutsche Gegen-Regelung geschaffen werden.

Daher würden wir von Ihnen gerne wissen:

  • Teilen Sie die Einschätzung des Berichts, dass in der Schweiz ein Steuerschlupfloch für Dividendeneinkünfte entstanden ist?
  • Wie hoch schätzt das BMF die dadurch entstandenen Mindereinnahmen für den deutschen Staatshaushalt? 
  • Plant die Bundesregierung, bzw. plant das BMF das Steuerschlupfloch zu schließen und wenn ja, mit welchen Maßnahmen?

Wir würden uns freuen, von Ihnen zu hören.

Mit freundlichen Grüßen
Sarah Godar
Koordinatorin Netzwerk Steuergerechtigkeit
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